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SUP in Houston - So war das nicht geplant

von Mara am 28.08.17

SUP in Houston - So war das nicht geplant

Samstag


Wir hatten uns selten so auf den Urlaub gefreut wie dieses Mal. Carsten hatte in der Firma in den letzten Wochen extrem viel zutun und ich hatte die letzten Arbeitstage meines Dualen Studiums und wollte vor der Abschlussprüfung noch einen Moment ausspannen. So planten wir, zunächst eine Woche in Texas paddeln zu gehen und danach zwei Wochen Karibik-Kreuzfahrt dranzuhängen.

In den letzten Tagen gab es jedoch eine Hurrikan-Warnung: Harvey sollte einer der schlimmsten Hurrikane in der Geschichte werden. Und er sollte genau in der Region auf Land treffen, in die wir wollten. Trotzdem entschlossen wir uns zu fliegen, denn wir würden es schon mitbekommen, wenn es zu gefährlich wäre, nach Houston zu fliegen. Immerhin sollten wir in Dallas umsteigen und sie könnten uns auch dort ins Land lassen.

Mit viel Gepäck in Richtung Houston, Texas

So fuhren wir zum Flughafen und dort versicherte man uns, dass alles okay sei. Wir könnten wie geplant nach Houston fliegen. Tatsächlich war der Flug von Dallas nach Houston zwar etwas holprig, aber möglich.

Noch scheint das Wetter nicht allzu schlecht zu sein

In Houston angekommen, regnete und gewitterte es zwar, aber wir konnten nur kaum Wind vernehmen. Denn Harvey war inzwischen auf einen tropischen Sturm heruntergestuft worden. Das einzige, was uns wirklich wunderte, war, dass Houston einer Geisterstadt glich. Wir trafen so gut wie keine Leute…

Im Hotelzimmer angekommen, machte mich Carsten darauf aufmerksam, dass ihm sein Handy gerade eine Flutwarnung geschickt hatte. „Krass“, sagte ich und schlief ein. Immerhin war es in Deutschland schon fast Morgen.


Sonntag


In der Nacht wachte ich auf und es regnete immer noch in Strömen. Unser Fenster schien undicht und ich legte ein Handtuch auf die Fensterbank um das ewige Tropfen ein wenig abzudämpfen. Dabei fiel mein Blick aus dem Fenster.

Schwere Regenfälle Sonntagnacht: Harvey kommt

Am nächsten Morgen lief im Frühstücksraum der Fernseher und berichtete über schreckliche Überschwemmungen im Süd-Osten von Houston. „Gut, dass wir im Norden geblieben sind“, sagte ich zu Carsten. Ich hatte zwar in der Nacht die ersten Pfützen gesehen, aber gegen die Berichte im Fernsehen war das nichts.

Trotzdem gingen wir nach dem Frühstück vor die Tür, um uns ein Bild von der Lage im Norden von Hoston zu machen. Der Parkplatz stand zwar unter Wasser, aber so dramatisch war das nicht. Als ich auf die Straße lief, musste ich jedoch feststellen, dass diese um einiges tiefer als der Parkplatz lag. Wir waren mit unserem Auto im Hotel gefangen und konnten nicht mehr rausfahren.

Wir machten das beste draus und zogen unsere Paddelsachen an, um zu Fuß zu Walmart zu gehen. Wir rechneten damit, dass wir im Laufe des Tages wieder rausfahren könnten, wollten jedoch vorsorglich noch ein paar Flaschen Wasser holen.

Mit Paddelsachen machen wir uns auf den Weg zu Walmart

Walmart war leider geschlossen. Das Wasser stand an manchen Stellen hüfthoch und nur noch die großen Pick-Ups kamen durch die Fluten. Wir fanden glücklicherweise eine Tankstelle und besorgten uns noch etwas fürs Mittagessen. Wir waren uns nämlich jetzt doch nicht mehr so sicher, dass wir heute noch hier rauskämen.

Über den Tag stieg das Hochwasser noch mehr und wir bereiteten unsere Boards vor, um zum nahegelegenen McDonalds zu paddeln. Das Wasser stand sehr hoch und es waren Gewitter angekündigt, sodass wir es mit unseren Boards für am sichersten hielten. Im Hotel bleiben war keine Möglichkeit. Wir hatten uns mittags 500 Kalorien zu zweit geteilt und mittlerweile war das Wlan ausgefallen, wir wollten jedoch unserer Familie Bescheid sagen, dass wir okay sind.

Am Abend pumpen wir unsere Boards auf, um etwas zu essen zu bekommen

Der Weg war echt gruselig. Es gewitterte zwar nicht, aber direkt neben uns gab es einen Kurzschluss in einer Hochspannungsleitung. Silvester ist nichts dagegen!

Überschwemmung in Houston: So hatten wir uns das Paddeln nicht vorgestellt

McDonalds war leider auch geschlossen, aber zumindest konnten wir das Wlan verwenden. Also ging es doch wieder zur Tankstelle, wo wir uns mit Zimtschnecken, Vanilleplundern und Chips eindeckten. Es ist schon immer wieder verwunderlich, wie gesund man sich hier ernähren kann – bzw. muss. Leider gab es tatsächlich nichts anderes.

Zumindest gibt es bei McDonalds noch Wlan

Auf dem Rückweg war das Wasser schon etwas zurückgegangen und wir schöpften Hoffnung. Allerdings müsste es noch um ca. 30 cm fallen, bevor wir fahren könnten. Wir beschlossen, in der Nacht den Wasserstand zu beobachten.

Im Hotel gab es jedoch den nächsten Rückschlag: Wir hatten keinen Strom mehr. Außerdem würden sie die Tür über Nacht zuschließen. Wir könnten also tatsächlich erst morgen früh wegfahren. War vielleicht aber auch besser so.


Montag


Am nächsten Morgen gab es eine gute und drei schlechte Nachrichten für uns. Die gute Nachricht: Das Wasser war weiter gefallen. Die schlechten Nachrichten: Wir konnten immer noch nicht raus, es gab kein Frühstück und wir hatten nun auch kein Wasser mehr.

Im Laufe des Tages beobachteten wir immer wieder den Wasserstand und setzten uns zeitweise ins Auto, um zumindest im Radio die Wettervorhersage hören zu können. Für den Nachmittag war angekündigt, dass die Flut wieder steigen sollte und wir hofften, dass wir vorher noch weg kämen.

Später liefen wir noch einmal zu McDonalds, um mithilfe des Wlans nachschauen zu können, wie die Lage auf den Straßen ist. Paddeln ging glücklicherweise nicht mehr, dafür war der Wasserstand schon zu niedrig. Im Internet fanden wir keine Hinweise darauf, dass wir nicht Richtung Norden fahren könnten, jedoch erfuhren wir von einem Feuerwehrmann, dass Teile des Freeways unter Wasser stehen würden. Er empfahl uns, noch einen Moment zu warten.

Zurück im Hotel wurde uns mitgeteilt, wir müssten nun eine weitere Nacht bezahlen, wenn wir länger bleiben möchten. Ich frage mich bis heute noch, wofür, denn – ich wiederhole – wir hatten weder Wlan, Strom, Wasser noch Frühstück und wir hatten bereits die letzten beiden Nächte voll bezahlt. Also fuhren wir sofort, wenngleich wir sehr aufgeregt waren, ob unser Compact Car das Wasser überleben würde. Aber welche Möglichkeit hatten wir schon? Das Ganze fühlte sich nicht wirklich wie Urlaub an.

Glücklicherweise kamen wir durch das Wasser und fuhren gegen die eigentliche Richtung auf den Freeway auf. Hier war sowieso nichts los, da er eigentlich gesperrt war. Wir wurden dann von einem Polizisten gleich darauf aufmerksam gemacht, dass wir falsch fahren. Klar, aber es war der schnellste Weg, aus dem Wasser zu kommen und somit die sicherste Variante. Allerdings war der Polizist ohnehin sehr verständnisvoll und gab uns Tipps, wie wir weiterfahren müssen. Es war dann trotzdem leider nicht so einfach, auf den Freeway zu fahren, da manche Streckenabschnitte bereits gesperrt waren. Irgendwie fanden wir jedoch den richtigen Weg.

Am Cypress Creek gab es dann noch einmal Stau, da nur Teile der Straße befahrbar waren. Auf der Gegenspur stand das Wasser bis zur Mittelleitplanke und Teile flossen über unsere Fahrbahn. Auch rechts von uns war bereits alles überschwemmt und nun wussten wir, dass wir es wirklich gut getroffen hatten. Hier sah man von einigen Fahrzeugen nur noch das Dach!

Noch mehr Überschwemmungen im Norden von Houston

Hinter dem Cypress Creek hatten wir es jedoch tatsächlich geschafft und nach 150 km kam auch endlich die Sonne raus. Wir sind wirklich froh, dass wir den Mut zusammengenommen haben und gefahren sind, auch wenn es sicherlich nicht ganz ungefährlich war. Jetzt kann der Urlaub endlich anfangen!

Kategorie: Sonstiges